Ich glaub es fast selbst noch immer nicht, aber Anna Hammarberg und ich sind einfach am Heimweg vom Challenger Event (!) auf den Philippinen. BTW vorweg – alles komplett selbst finanziert! Aber erstmal zurück zum Anfang! Und ich warne vor – der Beitrag ist lang, kritisch und aufschlussreich für Alle!
Mein Pick für Nuvali
Vor gut 2 Monaten hab ich – wie ihr vielleicht wisst – mein Angestelltenverhältnis gekündigt und mich selbstständig gemacht, mitunter auch mit der Intention zeitliche Ressourcen zu schaffen, um international spielen zu können. Ich wusste, dass in Nuvali kein österreichisches Damenteam melden würde, Österreich aber durch die Ausrichtung des Challenger Events in Baden einen Spot in der Quali haben würde. Blöd nur, dass es in Österreich aktuell sehr wenige Spielerinnen gibt, die diesen Schritt gehen wollen/können oder vielleicht auch die es sich zutrauen…? Was also nun?
Meine Partnerin in Crime Sarah Kastenberger wäre natürlich sofort dabei (Schleichwerbung für unsere Insta Seite: beachvolleyballteam_sarahmichi). Sie ist aber leider – wie viele andere top Pro-Tourspielerinnen – schon wieder in der Halle in der 1. Bundesliga unterwegs und hat uns von zuhause aus Support geschickt (We love you, Sarah). Zudem spielen drei Beacherinnen aktuell in amerikanischen Colleges und wie ihr sicher mitbekommen habt, haben drei Spielerinnen 2025 ihr Karriereende bekannt gegeben. Die internationalen Punkte von letzteren verfallen nach und nach ohne jeglichen Nutzen für österreichische Spielerinnen – Aus meiner Sicht eine Tragödie für Österreichs Beachvolleyball Damen sowie leider auch eine „Verschwendung“ bereits investierter Gelder seitens Österreich! Ein System, dass sowohl ihre Punkte als auch Expertise für andere Spielerin zugänglich macht, wäre sicher sinnvoll gewesen.
Jedenfalls habe ich mich aber umso mehr gefreut, als Anna Hammarberg bei der Staatsmeisterschaft in Kitzbühel große Augen gemacht hat, als ich sie gefragt hatte, ob sie das Challenge Event in Nuvali mit mir spielen wollen würde. Und an der Stelle Shoutout an dich, liebe Anna, dass du 1. dir das zugetraut, 2. die krassen Strapazen direkt von der U18 WM in Doha kommend auf dich genommen und 3. einfach so viel Leidenschaft für diesen Sport hast, dass du bereit warst, die Zeit und Geld für dieses „Hammarlaus Manöver“ (von Sand im Ohr abgekupfert) durchzuführen. Natürlich hätte auch die weiße Fahne wehen können, aber in meinem Herzen glaubte ich gleich an den Mehrwert dieser Kombination. Und das ist doch genau der Grund, warum ich diesen Schritt für mich gegangen bin. Aufgeben ist ohnehin nicht mein Ding.
Die super knappe Anreise
Optimal war die Sache natürlich nicht ganz. Da Anna wie erwähnt in der Woche davor noch die U18 WM in Doha spielte, war unsere Anreise ziemlich knapp bemessen. Sie war nach dem Rückflug nur eine Nacht zuhause und schon ging’s wieder los. Für mich hieß es:
- Mo 13.9. 4:30 aufstehen und von Bene nach Innsbruck bringen lassen (guter Mann!!!)
- 05:10-10:00 Zug IBK – Wien
- 11:40 Flug Wien – Abu Dhabi 19:10
- 22:50 Flug Abu Dhabi – Manila 11:55 (14.9.)
- 14.9. Mittags Shuttle von Manila Airport – Nuvali (Reisedauer ca. 1h)
- 14.9. Preliminary Inquiry 13:00-15:00
Wäre also irgendetwas schief gegangen, wäre die ganze Reise womöglich umsonst gewesen. Gott sei Dank traten die ersten Schwierigkeiten erst am Flughafen Manila auf. Michi hatte zuvor US Dollar für das vorab organisierte Shuttle vom Turnier mitgenommen, welches bei unserer Ankunft allerdings nicht Vorort war. Da wir es eilig hatten, um rechtzeitig zum Prelimary Inquiry zu kommen, beide noch gesundheitlich angeschlagen waren und weil wir eine ordentliche Watschn von der Hitze, der Luftfeuchtigkeit und dem permanenten Hupen vor dem Flughafen bekamen, entschlossen wir uns schnell ein Grab (asiatisches Pondant zu Uber) zu buchen. Die Fahrt war extrem stressig, aber am Venue in Nuvali mit Koffern angekommen und die Akkreditierung für ein Challenger Event in den Händen zu halten, war einfach unglaublich, wenn auch etwas überfordernd.
Und wieder mal 4+1 : 1+0
Auch wenn man sich über die netten, vertrauten Gesichter der Österreichischen Herren freute, traurig stimmt es mich persönlich schon, dass es seit Jahren ein riesen Ungleichgewicht zwischen international spielenden Damen- und Herrenteams gibt. Und so waren natürlich auch in Nuvali 4 Herrenteams inkl. 1 Trainer und 1 Damenteam aus AUT anwesend. Dass dieser „Umstand“ 2025 einfach immer noch so salonfähig zu sein scheint und man keine klare Strategie erkennen kann, wie sich das bei den Damen nachhaltig verbessern kann, stimmt mich in solchen Momenten immer extrem nachdenklich. „Gender Equality ist beim ÖVV gelebte Realität“, erklärte Gernot Leitner noch bei der Pressekonferenz in Kitzbühel im März 2025, vor allem in Bezugnahme auf das Preisgeld auf der Österreichischen Tour. Ja die Preisgelder sind angeglichen, aber die Chancen, die Zukunftsperspektive und die Unterstützung für Damen und Herren sind es bei weitem nicht. Leider hat man zu oft eher das Gefühl, dass es eher die Gender Inequality ist, die im ÖVV akzeptierte Realität ist.
Jetzt aber endlich zum 1. Training in Nuvali
Wer kennt dieses Gefühl? Du bist einmal um die halbe Welt geflogen, irgendwie ist alles anders, fremd. Obwohl alle nett sind, fühlst dich noch ziemlich fehl am Platz, kannst Situationen noch nicht gut einschätzen und bist vielleicht sogar etwas unsicher. Aber sobald du den Ball in den Händen hältst, bist du wieder wie „in deiner natürlichen Umgebung“, fühlst dich plötzlich angekommen. Schon faszinierend, so ein Stück Gewohnheit und Sicherheit überall hin mitnehmen zu können. Und schon war auch aller Ärger erstmal verfolgen und die Vorfreude enorm, denn wir merkten im Training mit Japan, dass wir gut punkten konnten.
Unser Qualispiel vs. ROU
Wir trafen auf die Nummer 3 der Quali, das rumänische Nationalteam Alupei/Vaida. Kurz: Es war leider nicht die Leistung, die wir uns erhofft hatten, was natürlich erstmal scheiße ist. Woran es gelegen hat? Darüber könnte ich ausführlicher schreiben, aber in Kürze: Das eine gemeinsame Training am Vorabend reichte noch nicht aus, um uns gut genug aufeinander einzustellen und uns an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Die hohe Luftfeuchtigkeit und die plötzliche Hitze machten uns extrem zu schaffen. Das obere Zuspiel wurde durch die Kombination aus dem an den Händen klebenden feinen Sand, die feuchten Hände und den nassgeschwitzten Ball extrem schwierig.
Anfangs konnten wir eigentlich noch gut mithalten, spielten zunächst noch frei und unbekümmert, aber es passierten uns schließlich zu viele Fehler wie z.B. Oversets, wir hätten noch mehr Servicedruck machen sollen und waren einfach nicht so mutig wie wir hätten sein können.
Der kurz erreichte Flow bis 12:14 war leider ab Ende des ersten Satzes schon weg. Die einen oder anderen knappen Bälle ginge leider zusätzlich nicht zu unseren Gunsten aus. Ein 2:0 also gegen die Rumäninnen, die 2025 beim Future in Nuvali bereits ins Semi gekommen waren, sicher schon besser auf die örtlichen Bedingungen eingestellt waren.
Das Team ist ein rumänisches Nationalteam, reist mit ihrem Coach und bestreitet diesen Weg natürlich insgesamt wesentlich professioneller.
Jedenfalls gingen wir trotzdem recht positiv aus der Partie, freuten uns auf die kommenden Trainingstage mit den internationalen Teams und auch darauf zuschauen, alle Eindrücke mitzunehmen und einfach das Erlebnis voll und ganz zu genießen.
Dann endlich etwas Balsam für die Seele
Eines unserer Highlights war bestimmt das Training mit dem Phillipinischen Nationalteam Polidario/Gaviola. Gleich 4 Trainer waren für die beiden Vorort, aber wir ließen uns nicht davon einschüchtern, dass wir ganz allein ans andere Ende der Welt geflogen waren. Das Spiel am Ende des Trainings ging mit 15:13 im dritten Satz und einer sehr langen Rallye an uns. Es war zwar nicht Teil des Bewerbs, aber dennoch sind es diese Momente, die uns mit so viel Stolz und Freude erfüllen, dass wir sie nie vergessen werden. Und natürlich war auch es für mich als 36-jährige Spielerin irgendwie magisch, in leuchtende Augen einer 17-jährigen Spielerin zu schauen. Es erfüllt mein Herz mit so viel Freude, meine Leidenschaft zu teilen, und vielleicht ein kleines Puzzlestück im Leben einer Spielerin sein zu dürfen, die ihren Weg noch vor sich hat, wenngleich auch meiner noch lange nicht zu Ende ist. Ganz nach dem Vorbild der Deutschen, die Karla Borger nun entsprechend einsetzen, würd ich mir solche Systeme auch für Österreich wünschen.
Eine Nummer zu groß
Besonders spannend war auch: es gab einige Teams Vorort, wo wir denken, dass wir gewinnen können, wenn wir unser bestes Spiel abrufen. Und dieses Learning ist Gold wert – vor allem für Anna, oder?
Natürlich machten wir aber auch andere Erfahrungen. Im Training mit dem norwegischen Team Helland-Hansen/Pavlova zum Beispiel merkten wir schon, dass wir mittlerweile gut in unser Spiel gefunden hatten, gelernt hatten mit den klimatischen Anforderung besser umzugehen, unseren Aufbau stabilisiert hatten und uns miteinander schon viel wohler fühlten. Aber auch wenn wir wesentlich solider spielten als im Qualispiel und nicht hoch verloren, merkten wir schon, dass sie einfach über ein wesentlich solideres, variantenreicheres und professionelleres Spiel verfügten. Natürlich steckt aber auch bei ihnen ein anderes Fördersystem dahinter: Während eine von ihnen gut vom Verband unterstützt wird, muss die andere aktuell noch um Support seitens des Verbands kämpfen. Wieder ein wertvoller Einblick für uns: auch andere Spielerinnen struggeln mit Support, obwohl sie schon ein tolles Level haben! (Nachtrag vom 27.10.: Dieses Team hat inzwischen beim Elite in Kapstadt die Klingers besiegt).
Natürlich ist uns bewusst, dass ein solches Level zu erreichen nur als fixes Team bzw. mit professionelleren Einzelspielerinnen, einem Team inkl. Coach und guten Förderungen erreichbar ist und natürlich ist man in so einem Moment auch traurig, dass es in unserem Land nur wenige Spielerinnen gibt, die diese Förderung genießen und denen ermöglicht wird, diesen besonderen Berufsweg gehen zu können, denn der Wunsch brennt in vielen unserer Herzen und ich weiß, dass einige von euch, die diese Zeilen lesen, dabei ein wenig Herzschmerz spüren.
In solchen Momenten drehen sich bei mir immer alle Räder, wie man diese Situation verbessern könnte. Umso schmerzlicher ist es dann, zurück im Hotel angekommen die Absage eines sehr vielversprechenden Sponsors für Bergstrand Beachvolleyball per Mail zu lesen. Und weil wir schon so ehrlich sind – die Absage kam von der Hypo Tirol Bank, obwohl Sara Montagnolli und ich bei einem persönlichen und auch vielversprechenden Gespräch auf offene Ohren gestoßen waren. Also, wenn DU Frauen Beachvolleyball fördern willst, oder jemanden kennst, der wen kennt, ihr wisst was ich meine…
Aber zurück zu dieser Reise :). Auch wenn es jetzt vielleicht kein sportlicher Erfolg in Form einer Platzierung war, es haben zumindest 2 österreichische Beacherinnen in dieser Woche extrem viel gelernt. Ich persönlich werte auch das als kleinen Erfolg für Damenbeachvolleyball in Österreich und bin dankbar und stolz über die Erfahrungen, die wir gemeinsam sammeln durften.
Key Learnings:
- Großer Respekt vor dem kleinen japanischen Team Matsumoto Non und Matsumoto Ren (Insta: non_yeaboii & re_n0118)
- FIVB Turniere bei den Damen sind im Herbst teilweise nicht voll und sind die Chance international Punkte zu sammeln. Das Elite in Itapema heuer im Dezember wird vermutlich auch nicht voll. Ich nehme Bewerbungen ab sofort entgegen. (hahaha)
- Nicht dicht zuspielen (vor allem nicht wenn die Blockerin über 1,90 ist) – klingt obvious, I know…
- Unbedingt wenn möglich früher anreisen, vor allem wenn man sich akklimatisieren muss (ging diesmal wie ihr wisst aufgrund Annas U18 WM in Doha diesmal leider nicht)
- Hand Sets in Nuvali sind sehr gewöhnungsbedürftig. Mit drei Trainings hätte ich mich vor Turnierstart im Hand Set sicher gefühlt. Bitte lernt aus unserem Fehler!
- Armsleeves können auch am Beach sinnvoll sein! Nächster Kauf!
- Auch World Tour Spielerinnen sind Menschen, die Fehler machen und die wir mit Mut und Selbstvertrauen unter Druck setzen können. Sie verteidigen auch nur zu zweit 64 Quadratmeter.
- Nicht nur die besten Teams der Welt spielen hier, sondern vor allem auch die, die es sich leisten können. Hm… :/ Kacke oder?
- Wir haben PHI im Training besiegt – wait what? hihi
- „War extrem cool, da zu sein und alles zu geben. Einfach nichts scheißen. So weit sind die anderen auch nicht weg“ ~ Anna Hammarberg
Annas Zitat fasst es doch gut zusammen! Also ich würd sagen – Ziel for now erreicht und Optionen für Itapema checken oder wie seht ihr das? Eure Michi

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